Standpunkte 4/2019
Foto links: Michael Schnelle, Foto Römhild und Rheinländer: Christian Augustin, Foto Spinder: Daimler AG Foto oben und Störcker: Christian Augustin, Foto oben rechts: Universum® Bremen zubildende eingestellt, die lernen aber im kaufmänni- schen Bereich“, sagt der Personalverantwortliche und fügt an: „Wir merken, dass wir häufig gegen klassische Rollenbilder ankämpfen müssen. Viele Jugendliche werden vom Elternhaus beeinflusst. Wenn ein Eltern- teil Akademikerin oder Akademiker ist, wollen die Kids sehr oft auch studieren.“ Ob Mechatronikerin oder In- dustriemechanikerin, der Coolness-Faktor der gewerb- lich-technischen Berufe sei noch nicht ausgeprägt ge- nug, meint Rheinländer. Frauen als Vorbilder gewinnen Um mehr junge Frauen in technische Berufe zu bekom- men, sollten nicht nur klassische Rollenbilder aufgebro- chen werden. Auch die Vielfalt der technischen Berufe muss intensiver präsentiert werden, das Selbstvertrau- en der jungen Frauen in ihr technisches Können braucht Stärkung. „Gerade dazu benötigen wir Frauen als Vor- bilder“, sagt Imke Kuhlmann, die sich im Auftrag der Verbände NORDMETALL und AGV um die Nachwuchs- förderung kümmert. Mit zahlreichen Aktionen wie der Girls‘ Day Akademie, dem M+E-InfoTruck oder dem Schülerclub nordbord steuern die Verbände bereits seit geraumer Zeit gegen. An solchen Initiativen nimmt auch das Mercedes-Benz Werk in Hamburg teil. „Neben nordbord beteiligen wir uns am Nachwuchscampus des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden, sind kontinuierlich beim Girls‘ Day dabei und sprechen auf Messen und Schulveran- staltungen gezielt Mädchen an“, sagt die für Ausbildung und Qualifizierung zuständige Personalentwicklerin Andrea Spinder. Im Werk selbst bietet der Autobauer dem Nachwuchs Einblicke in die Arbeitswelt und nutzt dabei auch solche Tools wie „virtual welding“, eine di- gitale Simulation des Schweißvorgangs. „Dieser spiele- rische Ansatz kommt den Interessen der Jugendlichen sehr nahe“, betont Spinder. 40 Prozent weibliche Azubis Verstärkt auf Mädchen-Power setzt das Unternehmen Vincorion – Jenoptik Advanced Systems GmbH, die Me- chatronik-Sparte der JenoptikAG. 500der rund 800Mit- arbeiter des Unternehmens sind amHauptstandort We- del vor den Toren Hamburgs mit Dienstleistungen und Produkten für die Luftfahrt-, Sicherheits- und Verteidi- gungsindustrie beschäftigt. Im Ausbildungsjahr 2019 erreichte die Quote weiblicher Azubis dort erstmals 40 Prozent. Für die Personalverantwortliche Nina Römhild ein erster Erfolg, der aber verstetigt werdenmüsse. „Wir versuchen mit zahlreichen Aktionen, Mitarbeiterinnen nicht nur zu gewinnen, sondern auch dauerhaft an uns zu binden. So unterstützen wir beispielsweise bei der Suche nach Kita-Plätzen oder haben bei der Besetzung unseres Nachwuchskräfte-Förderprogramms beson- ders auf die Beteiligung weiblicher Fachkräfte geach- tet.“ Dennoch gibt sich die Personalerin auch selbstkri- tisch. „Wir müssen nochmehr in die Schulen gehen und für technische Berufe werben“, betont sie. Die Bundesagentur für Arbeit hat diesen Weg ebenfalls eingeschlagen. „Unsere Berufsberater gehen zum Teil schon in die 7. und 8. Klassen der Schulen und erweitern mit klischeefreier Berufsorientierung das Berufswahl- spektrum der Schüler auch um MINT-Berufe“, berich- tet Silke Störcker. Und fügt an: „Vielleicht sollten aber schon in der Kita MINT-Bezüge hergestellt werden.“ Der MINT-Club nordbord ist ebenfalls für Kids ab der Klasse 7 zugänglich und bietet inzwischen auch reine Mädchenkurse an. „Unser Mädchenanteil imClub nord- bord liegt derzeit bei 25 Prozent. Da ist zwar noch Luft nach oben, dennoch sind wir auf einem guten Weg“, merkt MINT-Nachwuchsförderin Kuhlmann an. MINT-Marketing intensivieren An guten Ideen, wie der Frauenanteil in MINT-Berufen erhöht werden könnte, mangelt es indes nicht. Vor al- lem in den Schulen müsse angesetzt werden. Weibliche Vorbilder, sogenannte „Role Models“, könntenMädchen von der Attraktivität der MINT-Berufe überzeugen, meint etwa Andrea Spinder. Sie kann sich auch vorstel- len, dass Paten aus dem Berufsleben oder Studierende technischer Studiengänge für interessierte Mädchen sicher gute Begleiter auf einem Weg in technische Be- rufe sein könnten. Imke Kuhlmann stellt fest: „Mehr MINT-Mädchen für die Ausbildung zu gewinnen, ist vor allem eine Frage der Aufklärung, einer breiten Berufso- rientierung in den Schulen und dem Aufbrechen klas- sischer Rollenbilder.“ Das sieht auch Personalentwick- lerin Spinder so und regt an: „Um mehr Mädchen für technische Berufe zu begeistern, sollten Schulen tech- nische Projekte nur für Mädchen anbieten. Denn unter ihresgleichen sind die jungen Frauen mutiger und trau- en sich eher zu, etwas auszuprobieren.“ Lothar Steckel Nina Römhild, VINCORION – JENOPTIK Advanced Systems „Wir versuchen mit zahlreichen Aktionen, Mitarbeiterinnen nicht nur zu gewinnen, sondern auch dauerhaft an uns zu binden.“ Silke Störcker, Agentur für Arbeit, Regionaldirektion Nord „Unsere Berufsberater gehen zum Teil schon in 7. und 8. Klassen und erweitern das Berufswahlspektrum um MINT-Berufe.“ Oliver Rheinländer, MENCK GmbH „Wir merken, dass wir häufig gegen klassische Rollenbilder ankämpfen müssen.“ Bei dem MINT-Club nordbord zeigen verstärkt Mädchen Interesse an technischen Themen. Erfolgreiches Mächdenteam beim „NORDMETALL Cup Formel 1 in der Schule“ in Schleswig-Holstein. Das Projekt „MINT for Ing“ baut Brücken zwischen Schule und Betrieb. Lehrkräfte und Ingenieure arbeiten gemeinsam daran, in den Schulen spannenden MINT-Unterricht anzubieten und besuchen sich gegenseitig. Andrea Spinder, Daimler AG „Neben nordbord sind wir kontinuierlich beim Girls‘ Day dabei und sprechen auf Mes- sen und Schulveranstaltungen gezielt Mädchen an.“ 13 4/2019 Standpunkte NORDMETALL
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