Standpunkte 4/2018
Deshalb stand von Anfang an fest, dass mit dem Sie- mens-Werk in Cuxhaven auch ein Landstromanschluss gebaut wird. Eigentümerin der Anlage ist die Gesell- schaft Niedersachsen Ports (NPorts), die die landeseige- nen Häfen betreibt. Die Konstruktion hat eine Leistung von 630 Kilowatt und besteht aus mehreren Komponen- ten. NPorts-Ingenieurin Janete Machado: „Wir haben ein Kabelzuführsystem mit einer beweglichen Überga- beeinrichtung zum Schiff und eine Umformstation. Denn der elektrische Strom aus dem Netz kommt mit 20.000 Volt und 50 Hertz an, für die Schiffe brauchen wir aber 440 Volt und 60 Hertz.“ Die Cuxhavener Anlage ist nicht der erste Landstrom- anschluss in Deutschland. Es gibt bereits seit rund zehn Jahren eine Installation in Lübeck, die ebenfalls von Sie- mens gebaut und vom Papierkonzern Stora Enso in Auf- trag gegeben wurde. Sie liefert Energie für die Fracht- schiffe, die für das schwedisch-finnische Unternehmen unterwegs sind. Während der Frachtschiffbereich also mit gutem Bei- spiel vorangeht, tut sich die Kreuzfahrtbranchemit dem Thema Landstrom teilweise noch schwer. Und das, ob- wohl diese Urlaubsvariante boomt wie nie zuvor. Nach Angaben des Europäischen Kreuzfahrtverbands Clia stieg die Zahl der Urlauber auf hoher See zwischen 2014 und 2016 weltweit von 22 auf 24,7 Millionen Personen. Für die Reiseveranstalter, die Reedereien, die Zulieferer und die Werften ein Milliardenmarkt, der nach immer neuen Schiffen verlangt. Verständlich, dass die ökologischen Folgen für die Ha- fenstädte dabei etwas aus dem Blick gerieten. Ein Ree- dereiexperte: „Die Branche hat das Emissionsproblem lange verdrängt, obwohl heute fast alles technisch lös- bar wäre. Vor allem Landstrom ist eine ausgereifte Lö- sung, aber bislang wird sie nicht so intensiv genutzt.“ Beispiel Hamburg: Hier wurde im Sommer 2016 der erste europäische Landstromanschluss für Kreuzfahrt- schiffe eingeweiht. Er befindet sich am Kreuzfahrt- terminal Altona und wurde ebenfalls mit Siemens- Technik errichtet, die Baukosten lagen nach offiziellen Angaben bei rund 10 Millionen Euro. Die Nutzung jedoch ist bislang weit hinter den Erwar- tungen zurückgeblieben. Von den rund 200 Kreuzfahrt- schiffen, die jährlich in der Hansestadt anlegen, neh- men die wenigsten das Landstrom-Angebot in An- spruch. Deutlich höher wäre die Zahl wohl, wenn die EEG-Umlage für den Landstrom entfallen würde, wie der Verband Clia fordert. Denn die Energie aus dem Ka- „ Die Kreuzfahrtbranche hat das Emissions problem lange verdrängt, obwohl heute technisch fast alles lösbar wäre. “ Foto: Xxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxx Foto oben: Christian Charisius, Fotos rechts: Michael Bahlo NPorts-Ingenieurin Janete Machado mit ihrem Kollegen Wolf- gang König an der Landstromanlage im Hafen von Cuxhaven, die direkt an der Kaikante errichtet wurde. Der Landstrom, hier die 2016 eingeweihte Anlage im Hamburger Hafen, kommt über ein bewegliches Kabelsystem aufs Schiff. bel ist tatsächlich deutlich teurer als der selbsterzeugte Strom aus dem Schiffsgenerator. Ein weiterer Punkt kommt dazu: In großen Hafenstäd- ten wie Hamburg gibt es mittlerweile mehrere Systeme, die alle mit Landstrom konkurrieren. In der Hansestadt beispielsweise ging 2014 das weltweit erste schwim- mende Flüssiggaskraftwerk in Betrieb, das von der Fir- ma Becker Marine Systems (BMS) entwickelt wurde und ebenfalls sauberen Strom liefert. Ähnlich funktioniert die BMS-Entwicklung „PowerPac“, ein Flüssiggasgene- rator in einem Spezialcontainer, der nach Bedarf aufs Deck gehoben werden kann. Welches System am Ende das Rennen macht, ist offen, aber die Politik setzt weiter auf Landstrom. In Kiel ha- ben die ersten Arbeiten am Bau einer eigenen Anlage bereits begonnen, und kürzlich zog auch Rostock nach. Dort wurde beschlossen, bis 2020 eine Landstrom anlage für Kreuzfahrtschiffe zu bauen. CvF 8 4/2018 Standpunkte NORDMETALL
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