Standpunkte 3/2018

Made in Germany Northern Spezialschiffe 1635 Pella Sietas GmbH – Hamburg-Neuenfelde Eine direkte Schiffsverbindung zwischen Elbe und Bo- densee gibt es zwar nicht. Seit diesem Frühjahr liegen jedoch Hamburg-Neuenfelde und Konstanz ganz nah beieinander – zumindest für die Pella Sietas Werft und die Stadtwerke Konstanz. Im Februar hat der Betreiber der Fährlinie Konstanz-Meersburg beim Hamburger Traditionsschiffbauer eine ganz besondere Passagier- und Autofähre in Auftrag gegeben: Das Nachfolgeschiff der MF „Lodi“ soll mit einem umweltfreundlichen LNG-Antrieb ausgestattet werden. Statt mit Diesel fährt das Schiff mit verflüssigtem Erdgas (Liquified Natural Gas). Das reduziert den Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub erheblich. Geplanter Liefertermin: Februar 2020. Die innovative Bodensee-Fähre mit einem Auftragsvo- lumen von knapp 18 Millionen Euro ist nur einer von mehreren neuen Einträgen im Orderbuch von Pella Sie- tas. Geschäftsführerin Natallia Dean, mit 39 Jahren die jüngste Werftchefin in Deutschland, fühlt sich in ihrer Strategie bestätigt: „Wir konzentrieren uns auf Berei- che, in denen wir konkurrenzfähig sind.“ Und das ist nun einmal nicht mehr der Bau großer Containerschif- fe, sondern der Spezialschiffbau. Dazu gehören Schlepp- schiffe, Windkraft-Errichter- und eisbrechende Ret- tungsschiffe, selbstlöschende Massengutfrachter, Fäh- ren oder auch Saugbagger. Seit Januar dieses Jahres baut Pella Sietas einen solchen für die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Von März 2019 an soll das 95 Millionen Euro teure Gerät die Unterelbe von Schlick befreien, also Mit Aufträgen für umweltfreundliche Fähren, leistungsstarke Saugbagger und sogenannte Scrubber füllt Deutschlands älteste Werft ihr Orderbuch. Nach der drohenden Insolvenz 2011 und der Übernahme durch die russische Pella-Werftgruppe 2014 peilt die Pella Sietas GmbH für 2019 wieder erste Gewinne an. auch vor der Haustür von Pella Sietas für Ordnung sor- gen. Es ist der zweitgrößte Einzelauftrag in der zuletzt so wechselvollen Geschichte der Werft. 1635 von Carsten Sietas gegründet, ist sie die älteste durchgängig betriebene Werft Deutschlands. Das erste deutsche Containerschiff, die „Bell Vanguard“, bauten die Hamburger 1966. Mehr als 390 sollten folgen. Das letzte, die „Elysee“, lief im Jahr 2009 vom Stapel. Da hat- ten die Konkurrenz aus Asien und die Bankenkrise der Sietas-Werft bereits kräftig zugesetzt. Hinrich Sietas, Eigner in neunter Generation, gab die Führung schließ- lich an den früheren Airbus-Manager Rüdiger Fuchs ab. Doch auch der konnte das Ruder nicht mehr herumrei- ßen. Sietas musste 2011 Insolvenz anmelden. Heute, rund vier Jahre nach der Übernahme durch die russische Werftgruppe Pella Shipyard, beginnt sich die Lage für die Pella Sietas GmbH zu stabilisieren. Die ver- sprochenen Großaufträge aus Russland sind zwar we- gen der Ukrainekrise ausgeblieben, doch Natallia Dean und ihre mittlerweile rund 250 Mitarbeiter haben sich auch als verlässliche Zulieferer einen Namen gemacht. Unterbau-Sektionen für große Kreuzfahrtschiffe ferti- gen die Hamburger beispielsweise für die Meyer Werft in Papenburg. Ein anderes Pfund liefern die EU-Nach- rüstungsregeln für Containerschiffe, die mit sogenann- ten Scrubbern, speziellen Abgasreinigungsanlagen, ausgestattet werden müssen. Als ehemals größter deut- scher Schiffbaubetrieb besitzt Sietas viele der dafür nö- tigen Bauskizzen. Aus Tradition lässt sich Zukunft ge- stalten. BiB Fotos: Pella Sietas GmbH 23 3/2018 Standpunkte NORDMETALL

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