Standpunkte 1/2018

Made in Germany Northern Magmaris 1998 CORTRONIK – Warnemünde Für eine Herzpatientin in München war es ein kleines Wunder: Wegen verengter Herzkranzgefäße war bei ihr das Risiko eines Herzinfarkts stark erhöht, eine Opera- tion dringend notwendig. Normalerweise werden den Patienten dabei Gefäßstützen aus Metallgeflecht, soge- nannte Stents, eingesetzt. Die kleinen Röhrchen aus Edelstahl, Kobalt-Chrom oder Kobalt-Nickel stabilisie- ren die betroffenen Gefäße und weiten sie, damit das Blut besser fließen kann. Bei der Münchnerin war diese Methode wegen einer lebensgefährdenden Allergie ge- gen bestimmte Metalle nicht möglich. Doch sie hatte Glück – ihr wurden neuartige Stents aus einer speziel- len Magnesiumlegierung implantiert, die sich nach ei- ner gewissen Zeit im Körper auflösen. Entwickelt wurde diese neue Technologie in Rostock-Warnemünde von der BIOTRONIK-Tochterge- sellschaft CORTRONIK. Im 1998 in Rostock gegründe- ten Unternehmen arbeiten mehrere hundert Mitarbei- ter an der Entwicklung und Produktion von Stents. Nach 20-jähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist die Entwicklung einer speziellen biologisch abbau- baren Magnesiumlegierung gelungen, die mit einer Medikament-Polymer-Matrix versehen ist. Magmaris ist weltweit der erste selbstauflösende Stent, bei dem Magnesium zum Einsatz kommt. Die Grundidee ist simpel: Die Implantate sollen nur so lange im Körper der Patienten verbleiben, wie sie benötigt werden. Die betroffenenBlutgefäßewerdendurchdie auchals „Scaf- fold“ bezeichneten Gefäßstützen offen gehalten. Ha- Innovative Produkt- und Verfahrenstechnologien mit erfolgreicher Umsetzung – dafür wird inMecklenburg-Vorpommern der Ludwig-Bölkow-Technologiepreis vergeben. 2015 wurde CORTRONIK für seine Entwicklung eines selbstauflösenden Stents ausgezeichnet: Magmaris kann die Behandlung von Patienten mit Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen revolutionieren. ben sich die kranken Gefäße regeneriert, lösen sie sich nahezu vollständig auf. In der Regel ist das Magnesium in den Gefäßen nach zwölf Monaten zu ca. 95 Prozent abgebaut. Besonderer Vorteil: Bei herkömmlichen Stents kann es passieren, dass sich um das Metall neues Gewebe bildet und sich die Gefäße wieder verschließen. Die Medika- ment-Beschichtung der Stents kann diesem Phänomen entgegenwirken, allerdings schränkt das im Köper ver- bleibende Metallröhrchen die Beweglichkeit der Gefä- ße ein. Da die Scaffolds bereits in den ersten zwölf Mo- naten zu ungefähr 95 Prozent resorbieren, wird die na- türliche Beweglichkeit des Gefäßes wiederhergestellt und die Durchblutung des Gewebes besser gewährleis- tet. Es verbleiben praktisch keine Fremdkörper im Or- ganismus, da Magnesium als körpereigener Stoff beste Voraussetzungen hat, komplikationsfrei abgebaut zu werden. Der selbstauflösende Stent ist nicht für alle Patienten geeignet: Bei denen mit sehr komplexen Gefäßproble- men wird ein gewöhnlicher Stent bevorzugt; die Ent- scheidung wird individuell vom behandelnden Arzt ge- troffen. Auch wenn noch längst nicht alle Studien zum Einsatz von Magmaris abgeschlossen sind, geben die bisherigen Erkenntnisse Anlass zur Hoffnung. Bisherige Studien haben die Sicherheit und Effektivität dieser Methode be- stätigt, und der Mutterkonzern BIOTRONIK hat im Juni 2016 die Marktzulassung für Magmaris erhalten. AF Fotos: BIOTRONIK Die Entwicklung in Zahlen 120 Mitarbeiter investierten über 100.000 Arbeitsstunden in die Entwicklung von Magmaris. In der Entwicklungsphase wurden 50.000 Muster produziert. Während einer achtmonatigen Testphase bewerten 413 Ärzte in 237 Kranken- häusern weltweit die Stents. 23 1/2018 Standpunkte NORDMETALL

RkJQdWJsaXNoZXIy MTAzNjM5